Den Posten des Vorsitzenden der SG Marßel gibt er nach 15 Jahren ab – ehrenamtlich setzt er sich weiter für die Menschen im Stadtteil ein

Marßel. „Es muss etwas Neues passieren, neue Ideen müssen kommen“, begründet Werner Müller seinen Abschied als Vorsitzender der Sportgemeinschaft Marßel. Das hat er schon lange vorbereitet und auch immer gesagt: „Mit 75 Jahren höre ich auf“. Der Geburtstag war im August. Da er in ­Heiko Klaus Klepatz einen seiner Meinung sehr guten Nachfolger gefunden hat, bedauert er seine Entscheidung „kein bisschen“. Er will sich aber trotzdem weiter für seinen Verein und sein Marßel einsetzen, hat noch Visionen, wie er sagt. Nur die Verantwortung für den Verein und seine 700 Mitglieder möchte Müller nun abgeben.

Mit 75 Jahren verabschiedet sich Werner Müller als Vorsitzender der SG Marßel. / Foto:C.Kosak

15 Jahre lang war der gebürtige Hesse und ehemalige Personalchef auf der Hütte an einer ganzen Reihe von Veränderungen und Entwicklungen im Verein maßgeblich beteiligt. Auf sportlicher Ebene kamen immer mehr Sparten und auch Angebote und Projekte im gesundheitlichen Bereich ­hinzu, wie Gruppen für Diabetiker oder der Koronarsport. Unter Werner Müllers Führung wurde die Gesundheitsoffensive „GO Marßel 2020“ zu den Themen Bewegung, Ernährung, soziale Kontakte und Bildung entwickelt.

Das wurde zwar nicht ganz so angenommen, wie er es gern gesehen hätte. „Es ist uns nicht gelungen, die Bevölkerung so aktiv zu bewegen, wie wir es wollten“, sagt er. Wenn er aber sieht, dass sich in der Gruppe für Diabetiker ältere Menschen zusammengefunden haben, die dadurch wieder Kontakt zu anderen bekommen und Spaß haben, dann ist er durchaus zufrieden. „Einsamkeit ist die häufigste Krankheitsursache“, ist er überzeugt. Er lässt sich auch nach Fehlschlägen nicht beirren. Werner Müller hat immer noch die Vision, dass 1000 Leute durch Pellens Park laufen. Das war seine Idee im Rahmen des Gesundheitsprojektes. Dafür wird er sich auch weiter engagieren – und will auch selber mitlaufen.

Er möchte zudem auch nach seiner Zeit als Chef der SG Marßel weiterhin Projekte für Senioren sowie Kinder und Jugendliche entwickeln. Der Vereinschef hat ja erfahren, dass die Zusammenarbeit mit Kitas und Schulen und anderen Kooperationspartnern gut funktioniert. Er ist der Meinung, dass besonders für die Kinder und Jugendlichen im Stadtteil etwas getan werden muss. ­Darum ist „Lebele“, das steht für Leben, ­Bewegung, Lernen, sein Lieblingsprojekt. Den Namen, erzählt er lächelnd, mochte anfangs aber niemand, zumal er ihn zum Spaß auch noch hessisch ausgesprochen hatte.

Doch Frankfurt ist schon lange nicht mehr sein Zuhause. Das ist seit September 1967 Marßel. Damals begann er als Maschinenbauingenieur für technische ­Betriebsabläufe bei den Stahlwerken und machte schnell Karriere bis zum Personalchef. Werner und Trudi Müller haben zwar noch in Frankfurt geheiratet, nachdem sie aber eine Weile in Grambke gewohnt hatten, bezogen die beiden ein Haus in ihrer neuen Heimat Marßel. Seit 1974 wohnen sie hier.

Werner Müller erzählt, dass er lange Zeit nur als „Mann von Trudi“ bekannt war, weil sie sich in der SG Marßel in der Abteilung Turnen engagierte und auch 17 Jahre lang leitete. Er kam immer mit zu Veranstaltungen oder half aus, bekam Kontakte und rutschte auf diese Weise in die Vorstandsarbeit hinein. Erst als zweiter Vorsitzender, dann als Vorsitzender.

Als Chef der SG Marßel hat er die Ge­schicke des Stützpunktvereins für Integration und Sport auch durch stürmische Zeiten geführt. Die Brandstiftung 2007 in der Vereinsgaststätte und der Neubau der Bezirkssportanlage haben ihn Nerven gekostet. Ärger mit den Bremer Behörden und Zuständigkeiten, insolvente Handwerkerfirmen, Pfusch am Bau, verärgerte Vereinsmitglieder, denen das Chaos irgendwann nicht mehr zu vermitteln war, Verzögerungen – in der Zeit hatte Werner Müller eine ehrenamtliche Vollzeitstelle von 40 Stunden pro Woche. Jahre dauerte der Stress. 2011 aber wurde die neue Sportanlage an der Stader Landstraße eingeweiht, und es kehrte Frieden ein. „Es waren harte Kämpfe“, sagt er über die Auseinandersetzungen mit den Bremer Behörden um Ausführungen und Geld, „ich würde es aber immer wieder machen. Es war eine Herausforderung“.

Vor allem hat der Verein mit der modernen Sportanlage seitdem viel mehr Möglichkeiten, andere und neue Projekte zu ent­wickeln. Die wurden auch außerhalb des Ortsteils wahrgenommen. Zwei Mal erhielt der Verein den silbernen Stern und einmal den kleinen goldenen Stern des Sports für Projekte, die über das normale Breitensportprogramm hinaus nachhaltig gesellschaftlich etwas bewirken und einen Beitrag zum Gemeinwohl leisten. Werner Müller schüttelte drei Bundespräsidenten bei der Verleihung die Hände. Besonders freute er sich aber, dass die damit verbundenen Geld­preise die Vereinskasse aufpolsterten. 1000 Euro gab es beispielsweise für die Gesundheitsoffensive „Go Marßel 2020“.

Als Vorsitzender der SG Marßel hat er mehr gemacht, als nur einen Sportverein zu leiten, in dem alle Generationen und viele unterschiedliche Nationalitäten einen Treffpunkt gefunden haben. „Man muss vor der Haustür gucken. Da gibt es genug zu tun“, spricht er die vielen gesellschaftlichen Probleme an, die heute Thema sind. Gerade in Marßel leben viele Alleinerziehende, 56 Prozent der rund 6500 Bewohner haben einen Migrationshintergrund, es gibt einsame ­Senioren und arme Kinder. „Das treibt mich um“, sagt Werner Müller.

Er hat mit anderen Mitstreitern unter anderem dafür gesorgt, dass an der Grundschule Landskronastraße von ehrenamtlichen Kräften ein gesundes Frühstück angeboten wird. Seit zehn Jahren werden die Lebensmittel aus Spenden bezahlt. Werner Müller ist Mitglied im Verein Nachbarschaftshaus Marßel, im Präventionsrat Bremen-Nord, im Forum Sport. Diese Aufgaben will er auch weiter wahrnehmen, es sei denn, der neue Vereinschef will sie selber übernehmen, um den Verein zu vertreten.

„Richtig sauer“ kann er werden, wenn er darauf zu sprechen kommt, dass Marßel aufgrund der Sanierungsmaßnahmen von früher inzwischen nur noch 10 000 Euro aus Win-Mitteln (Wohnen in Nachbarschaften) für Projekte im Stadtteil bekommt, die Quartierskoordinatorin nur wenige Stunden zur Verfügung hat und von politischer Seite seiner Meinung nach nichts Konstruktives für den Ortsteil passiert. „Das ist frustrierend“, meint er. Es fehle Nachhaltiges für Marßel. Er prophezeit, dass die Stimmung irgendwann umschlagen könnte. Marßel sei ein Pulverfass. „Es ist der Verdienst von uns allen, dass das bisher nicht passiert ist.“ Weil ihm der Ortsteil am Herzen liegt, wird er sich also nicht ins Privatleben zurückziehen, sondern sich ehrenamtlich weiter für die Menschen in Marßel einsetzen.

„Ich würde es immer wieder machen. Es war eine Herausforderung.“ Werner Müller

Aus "Die Norddeutsche" vom 20.11.2017

Foto: Christian Kosak

Mittwoch, 11. Oktober: Heute gönne ich mir in sportlicher Hinsicht einen Erholungstag. In den Tagen zuvor habe ich sowohl ein erfolgreiches Punktspiel in der Regionalliga Nord beim TuS Germania Schnelsen als auch ein zweitägiges Mannschaftstraining absolviert. Als Schülerin und nun auch ­angehende Abiturientin weiß ich aber, dass nicht nur das Tischtennis-Spielen im Vordergrund stehen kann. So ist heute also ein Tag am Schreibtisch angesagt. Mit wenig körperlicher, allerdings umso mehr mentaler Anstrengung verbringe ich mehrere Stunden mit meinen französischen Schulbüchern. Ich bereite mich auf die sechsstündige Vor­abi­turs-Klausur vor, die mich in der nächsten Woche erwarten wird. So kann ich auch meinen doch vorhandenen Muskelkater der vorherigen Tage auskurieren und mich ganz auf die Schule konzentrieren. Dabei beschäftige ich mich mit Vokabeln, Grammatik und Themen wie Umwelt und Arbeitsmarkt und arbeite fleißig. Am Abend lasse ich den Tag allerdings ganz gemütlich auf dem Sofa ausklingen.


Donnerstag, 12. Oktober: Nachdem ich am Vormittag einen vierstündigen Eignungstest für einen künftigen Ausbildungsplatz geschrieben habe, geht es für ein kurzes Training in die Turnhalle. Bei meinem Heimatverein SV Molbergen absolviere ich mit meinem Vater Josef ein paar Übungen für ein besseres Aufschlag-Rückschlag-Spiel. Auch wenn ich das Training mit einer nicht ganz zufriedenstellenden Leistung beende, heißt es: nicht aufregen. Nächstes Mal läuft es besser. So kann ich mit voller Vorfreude meinen letzten Termin des Tages wahrnehmen. Ich fahre mit dem Auto zu meiner Schulfreundin Hanna, mit der ich zusammen das Comedy-Programm von Luke Mock­ridge in Quakenbrück genießen darf. Nach viel Witz und Musik möchten wir mit einem großen Lächeln die Heimreise antreten. Doch der Verkehr vor der Arena hält uns für mehr eine Dreiviertelstunde davon ab.


Freitag, 13. Oktober: Am Freitag, dem 13., hätte man sich wahrscheinlich viele Situationen ausmalen können, die den Tag zu einer Katastrophe machen würden. Bei mir ist dies aber Gott sei Dank nicht der Fall. Nach einigen Stunden am Schreibtisch kommt mein Freund Florian Henke vorbei. Dieser bestreitet Punktspiele für den TV Hude in der Oberliga und trainiert mich auch. Wir gehen zusammen einkaufen, um uns ein leckeres Abendessen zu kochen. Dies sieht heute ziemlich gesund aus. Mit viel Gemüse und etwas Fleisch stehen wir zum Schluss an der Kasse, um uns und meiner Familie frische Wraps zu präsentieren. Vor allem meine Mutter Marlies freut sich darauf. Während des Essens kommen wir natürlich auf das Thema Tischtennis zu sprechen, da nicht nur Florian, sondern auch mein Vater aktiver Spieler ist. Josef läuft für den SV Molbergen in der Bezirksliga auf. Es entstehen häufig mehrere Strategien, wie ich gegen bestimmte Gegner spielen sollte oder was ich noch verbessern könnte, um eine erfolgreiche Bilanz zu erzielen.


Sonnabend, 14. Oktober: Um 15 Uhr beginnt unser drittes Punktspiel der Saison gegen die Füchse Berlin. Der Spitzenreiter ist für uns ein bekannter Gegner. Deshalb ist uns klar, dass dies kein einfaches Spiel wird. Und das zeigt sich dann leider auch. Wir alle sind an diesem Tag nicht in Topform. Unsere Gedanken sind überall, nur nicht an der Platte. Wir wissen, dass es mal solche Tage gibt. Trotzdem sind wir nach einer klaren 1:8-Niederlage ein wenig enttäuscht. Auch ich hatte mir persönlich mehr erhofft. Meine Leistung war an diesem Tag bestimmt nicht die beste. Doch deswegen darf ich mich nicht hängen lassen. Am Abend hoffe ich, dass morgen ein besserer Tag wird. Ein weiteres Heimspiel steht auf dem Programm.


Sonntag, 15. Oktober: Bereits in aller ­Frühe treffen wir in der Halle an der Schule an der Landskronastraße in Marßel auf Hannover 96 II. Dabei handelt es sich für uns um einen neuen Gegner, auch wenn uns einige Spielerinnen aus anderen Vereinen bereits bekannt sind. Nach dem Einspielen ist schon mal eins klar: Ich habe ein besseres Gefühl. Das ist beim Tischtennis schon viel wert. Schließlich ändert sich sofort die Einstellung, wie man in ein Spiel geht. Meine Doppelpartnerin Jennifer Bienert und ich haben beide ein gutes Gefühl. So spielen wir ein wirklich gutes Doppel und gewinnen dieses auch mit 3:1 gegen Jule Wirlmann und Jaqueline Presuhn. Die Motivation steigt dadurch noch zusätzlich. Mit voller Kraft gehe ich ins ­erste Einzel. Leider muss ich mich mit etwas Pech, zu hoher Fehlerquote und Konzentrationsschwäche im entscheidenden fünften Satz mit 9:11 der Nummer drei, Jaqueline Presuhn, geschlagen geben. Nach dem Spiel bin ich deshalb für zehn Minuten enttäuscht. Ich hätte meine Fehler im Einzel schneller abhaken müssen. Doch es  geht weiter. Ich gewinne mein zweites Einzel gegen Jessica Böhm auch glatt mit 3:0. Die Stimmung ist gut. Am Ende sind auch alle Spielerinnen mit ihrer Leistung zufrieden. Wir gewinnen mit 8:3. Nach dem Spiel gehen wir noch alle zusammen essen. Ich finde es sehr schade, dass Werder Bremen in der Fußball-Bundesliga gegen Gladbach verliert, da es auch in unserer Region viele Werder-Fans gibt. ­Hoffentlich kommt bald ein Sieg, damit die Blockaden gelöst werden.


Montag, 16. Oktober: Mein Wecker klingelt um 6.30 Uhr. Ich informiere mich noch einmal über die Ergebnisse der Niedersachsen-Wahl. Wie erwartet war es ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden großen Parteien. Ich bin mal gespannt, welche Regierungsbildung sich ergeben wird. Nach zwei Wochen Herbstferien beginnt nun wieder der Unterricht. Die sechs Schulstunden vergehen fast wie im Flug. So höre ich um kurz nach 13 Uhr die Schulklingel. Mit dem Auto fahre ich wieder nach Hause. Hier stärke ich mich erst mal mit einem warmen Mittagessen, um mich dann wieder an den Schreibtisch zu setzen. Um 18.30 Uhr trainiere ich für zweieinhalb Stunden beim SV Molbergen. In einer großen Trainingsgruppe und mit guten Trainingspartnern komme ich schnell ins Schwitzen.


Dienstag, 17. Oktober: Heute sitze ich sogar bis 16 Uhr in der Schule. Zu Hause laufen die letzten Vorbereitungen für die Französisch-Klausur. Am Abend gehe ich eine Runde joggen. Ich fahre dabei mit meinem Fahrrad zur Tartanbahn und laufe dort ­meine vier bis fünf Kilometer. Ohne Musik in den Ohren kann ich dies allerdings nicht. Zu vielen Michael-Jackson-Songs laufe ich Runde für Runde, sodass mir auch nicht langweilig wird. Ich nutze das Joggen als Ausgleich, um den Kopf von Schule und manchmal auch vom Tischtennis freizubekommen. Nach einer heißen Dusche esse ich schließlich noch gemeinsam mit meiner Familie zu Abend.

Marius Bosse, der Kapitän und Innenverteidiger des Fußball-Bremen-Ligisten SG AumundVegesack, wird als Nächster über seine Woche berichten.

Klara Bruns (18)

spielt beim Tischtennis-Regionalligisten SG Marßel. Die angehende ­Abiturientin ist in der Formation von Trainer Thomas Bienert an Nummer fünf gesetzt. Die Gymnasiastin lebt in Molbergen bei Cloppenburg.

Aus "Die Norddeutsche" vom 18.10.2017