Clara Ruppelt wird mit elf Metern im Kugelstoßen erstmals in der Bestenliste des DLV geführt – Trainer Gerold Christen hebt die Vielseitigkeit hervor
Karsten Hollmann

Marßel. Die Leichtathleten der SG Marßel freuen sich nach einem deutlich von der Corona-Pandemie dominierten Jahr über erstmalige Bestenlisteneinträge beim Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). So wird Clara Ruppelt im Kugelstoßen mit elf Metern als Nummer 25 geführt. Zudem sollte Rebecca Christen als Fünfkämpferin ganz vorne dabei sein. Noch fehlt jedoch die diesbezügliche Bestenliste.

„In einer inoffiziellen Bestenliste wird sie aber als Nummer eins geführt“, verrät ihr Trainer und Vater Gerold Christen. Im Hinblick auf die Einträge in der Bestenliste des Bremer Leichtathletik Verbandes sei deutlich zu erkennen, dass deren geringe Anzahl den Corona-Beschränkungen geschuldet gewesen seien. Wie bereits 2019 weist die SG Marßel erneut die zweitmeisten Einträge dort auf. „Auffällig ist dabei die Vielseitigkeit unserer Athleten“, so Christen. Rebecca Christen belegt ebenso wie Jan Kleinekathöfer Position eins im Weitsprung bei den Erwachsenen. Neuzugang Amelie Cselenyi beansprucht in sechs Disziplinen jeweils Platz zwei in der weiblichen U20. In dieser Altersklasse ist David Borisow als Werfer bei den Jungen immer alleine vorne.

In der U18 entpuppt sich Charlotte Hesse als beste Weitspringerin. „Tyrece Deede hält hier zudem in der männlichen Klasse mit den Werder-Sprintern mit“, frohlockt Gerold Christen. In der U16 sei das Siebenkampfteam in allen Disziplinen gut dabei. Im Kugelstoßen dominiere die SGM durch Michelle Schlegel und Clara Ruppelt. Annika Sajnog befinde sich über die 100 Meter mittendrin. In der U14 liegen Tamino Loeper und Leni Nowotny jeweils gleich ein halbes Dutzend Male vorne.

Das Jahr 2020 wurde ansonsten von einer großen Ungewissheit und Unsicherheit bestimmt. „Seit Corona stellen sich mir viele Fragen. Wo kann ich trainieren? Mit wie viel Personen darf ich trainieren?“, sagt Johanna Christen stellvertretend. Sie sei nur froh, dass sie einen individuell angepassten Trainingsplan von ihrem Trainer bekommen habe. „Zusammen mit meiner Freundin Charlotte Hesse trainiere ich regelmäßig unter Einhaltung der Corona-Abstandsregeln sowie Hygieneauflagen. Mir ist es besonders wichtig, mich weiterhin fit halten zu können, trotz der gesonderten Situation“, sagt Johanna Christen und ergänzt: „Sprints und Tempoläufe sowie Home-Workouts und Hanteltraining stehen auf der Tagesordnung. Gemeinsam haben wir alle das Ziel, bei den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften dabei zu sein und ohne Trainingslücken mit Spaß, Freude und Teamgeist Leistung abliefern zu können.“

„Die SG Marßel hat in diesem Jahr gute Wettkämpfe hinter sich gebracht und wartet schon auf die nächsten. Deshalb trainieren wir trotz der harten Zeiten weiter“, teilt Michelle Schlegel mit. Ihre Klubkollegin Annika Sajnog freut sich besonders über die drei Sportfeste, die ihr Verein im Sommer veranstaltete: „Toll war, dass die Wettkämpfe trotz Corona stattgefunden haben und sich unser intensives Training ausgezahlt hat.“ Auch Clara Ruppelt zieht ein positives Saisonfazit: „Trotz Corona waren wir ein spitzen Team mit einem super Trainer.“

Der derart gelobte Gerold Christen zeigt sich ebenfalls beeindruckt von den Leistungen seiner Schützlinge: „Wer hätte das gedacht, dass wir unter diesen Bedingungen so mächtig auftrumpfen?“ Währen des ersten Lockdowns sei zunächst noch alles ausgerichtet auf die Landesmeisterschaften im September gewesen. „Für mich ist das Jahr 2020 eines der erfolgreichsten Jahre. Es hat einfach alles geklappt“, schwärmt Gerold Christen. Das umgestellte Trainingskonzept, die Einstellung und Ergebnisse aller Athleten seien perfekt gewesen. „Hier war der Weitsprung-Wahnsinn in Minden das Highlight. Aber auch die eigenen Sportfeste hatten es in sich oder vielleicht auch die Landesmeisterschaften“, lässt der Pädagoge wissen.

In Minden offenbarten Rebecca Christen und Charlotte Hesse bei insgesamt zwölf Hoch- und Weitsprüngen elf neue persönliche Bestleistungen. Mit 5,50 Metern (Christen) beziehungsweise 5,33 Metern bejubelten die beiden auch einen Doppelsieg im Weitsprung der Frauen. Rebecca Christen gewann in Minden auch mit 1,52 Metern im ersten Versuch den Hochsprung und verpasste dabei nur um einen Zentimeter die Qualifikation zu den Landesmeisterschaften. Christen hatte in der Folge die 1,56 Meter auch bereits übersprungen, ehe die Latte doch noch herunterfiel, als sie bereits auf der Sprungmatte lag. „Dass wir nun in den Bestenlisten so stark auftreten und sogar noch in den DLV-Bestenlisten stehen, stellt einen besonderen Erfolg für uns dar“, meint Gerold Christen. Vielleicht sei dies auch ein Ergebnis des Trainingskonzepts, das darauf setze, Erlebnisse zu schaffen. Ein Highlight im Jahr 2020 war auch die Eröffnung der neuen Weitsprung-Anlage. Nach Bente Hoffmann und Johanna Christen wurden außerdem Sebastian Loeper und Max Boedekker neu ins Trainerteam aufgenommen.

Negativ fielen die Ausfälle des Trainingslagers „Harzer Hölle“, der Landesmeisterschaften im Fünfkampf und der Deutschen Mannschaftsmeisterschaften (DMM) auf. „Es waren auch kaum auswärtige Wettkämpfe möglich“, bedauert Christen. Gerade die Mitglieder aus der Kinderleichtathletik (bis U12) hätten keine Erfahrung bei Wettkämpfen in der Fremde sammeln können. Durch die Corona-Beschränkungen sei auch ein anderes Training erforderlich gewesen, das viel Selbstständigkeit verlangt habe, so der Coach abschließend.

Aus "Die Norddeutsche" vom 29.12.20

Der Neubeginn der SG Marßel im Damen-Tischtennis würde in der Bremen-Liga erfolgen – Coronavirus beendet jahrzehntelangen Höhenflug
Klaus Grunewald

Marßel. Jahrzehntelang hat die SG Marßel die führende Rolle im Bremer Damen-Tischtennis gespielt. In der 2. und 3. Bundesliga sowie in der Regionalliga. Dann kam das Coronavirus und beendete diese Dominanz abrupt. Der Absturz war tief, denn aktuell gibt es kein einziges Marßeler Frauenteam mehr. Tischtennis-Abteilungsleiter Detlef Wendenburg hofft natürlich, dass die Abmeldung nicht von allzu langer Dauer ist, kann seine Hoffnungen auf bessere Zeiten zurzeit allerdings nur auf vier Herrenteams und eine Schülermannschaft setzen.

Spitzen-Tischtennis im Norden Deutschlands war ohne die Damen der SG Marßel für die Fans dieses Sports jahrzehntelang kaum vorstellbar. Und dennoch müssen sie sich spätestens seit Beginn der neuen Regionalliga-Saison damit abfinden. Der Verein hatte die erste Damen nicht mehr für die kommende Saison in der Regionalliga Nord gemeldet, weil Trainer und Manager Thomas Bienert wegen der Corona-Pandemie keine konkurrenzfähige Formation mehr aufstellen konnte. Noch im April war Bienert optimistisch. Zwar zeichnete sich der Wechsel von Sofia Stefanska zum Drittligisten Großburgwedel ab, und auch hinter dem Einsatz der irischen Meisterin Sophie Early (14), international stark beansprucht, stand ein Fragezeichen.

Als Neuzugang vermeldete Bienert mit Faustyna Stefanska, der jüngeren Schwester von Sofia Stefanska, eine weitere hochtalentierte Jugendliche für das Regionalliga-Team. Der SGM-Coach, der die sportliche Entwicklung von Faustyna Stefanska als Vorsitzender der TTG Nord Holtriem hautnah miterlebt, war davon überzeugt, dass die 13-jährige Schülerin so spielstark ist, um in der Regionalliga Nord zu bestehen. Doch zu diesem Zeitpunkt im April konnte Bienert nicht ahnen, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auch auf den Tischtennis-Sport haben würde.

Einen knappen Monat später sah die Lage denn auch düster aus. So musste der SGM-Manager davon ausgehen, dass seine Spitzenspielerin Elina Vakhrusheva vor und nach einem Spieltag jeweils 14 Tage in Quarantäne hätten gehen müssen – in Deutschland und in ihrer Heimat Ukraine. Darüber hinaus signalisierten ihm die Eltern der irischen Meisterin Sophie Earley, dass ihre Tochter wegen Corona und darüber hinaus wegen der vielen internationalen Verpflichtungen nicht mehr für die SG Marßel spielen werde.

Und schließlich torpedierte der Wechsel von Sofia Stefanska nach Großburgwedel die Zukunftspläne der SG Marßel. Fest planen können hätte Bienert nach Aufhebung der coronabedingten Einschränkungen nur mit seiner Tochter Jennifer, mit Klara Bruns und wohl auch mit Elina Vakhrusheva sowie mit Faustyna Stefanska, die freilich wegen ihrer Lehrgänge beim Deutschen Tischtennis-Bund nicht immer einsatzbereit gewesen wäre. Deshalb wäre die Verpflichtung einer weiteren Spielerin unbedingt erforderlich gewesen. Das aber klappte vor allem aus finanziellen Gründen nicht, hätten Interessentinnen doch auf Marßeler Kosten von weither anreisen müssen.

Thomas Bienert, genannt Bino, wohnt in Wittmund und nahm vor rund sechs Jahren Kontakt mit der SG Marßel auf, als sich seine Tochter Jennifer dem frischgebackenen Drittligisten anschloss. Zunächst fungierte er als Fahrer und Betreuer der Tischtennis-Damen, die von Margareta Gluza trainiert wurden. Von der Saison 2016/17 an übernahm Bienert das Kommando und den Job des Teammanagers. In der Regionalliga, in die der Nordbremer Verein freiwillig abgestiegen war – aus finanziellen Gründen.

Leistungsmäßig hätte die SG Marßel die dritte Liga halten können, denn eine Klasse tiefer gehörten Bienerts Schützlinge stets zum Kreis der Meisterschaftsfavoriten. Nicht nur, weil sie ihre spielerischen Stärken in die Waagschale legen konnten, sondern auch, weil sie die Betreuung und die familiäre Atmosphäre bei der SGM genossen. Dafür sorgte – zusammen mit seiner Frau – Edo Wellmann, der die Tischtennis-Sparte am 5. Juli 1965 gegründet hatte und als sein Kind bezeichnet, womit vor allem die ersten Damen gemeint sind. Marßels ehemalige Spitzenspielerinnen Katharina Michajlova und Lin Sievers sangen einst ein Loblied auf die Atmosphäre in der Landskronahalle, Heim-Arena der Marßeler Tischtennis-Damen: „Die Betreuung war optimal.“

Zahlreiche deutsche, vor allem aber ausländische Spitzenspielerinnen gaben der SG Marßel ihr Gesicht. Wie in den vergangenen Jahren Lin Sievers (jetzt Kieler TTK Grünweiß), Egle Orlovaite (demnächst beim BW Ottmarsbocholt), Irina Skachkova (wieder in Russland), Jessica Boy (spielt bei den Herren in Oldenburg), Nele Puls (Heiligenrode, Oberliga), Andrea Estrada-Muralles (nach Hochzeit zuletzt in Grenzau aktiv), Sofia Stefanska (3. Liga Großburgwedel), Katarina Belopotocanova (zuletzt in der Slowakei aktiv), Sophia Early (wieder in Irland), Elina Vakhrusheva (wieder in der Ukraine), Klara Bruns (SV Werder Bremen, Oberliga) und Jennifer Bienert (SC Poppenbüttel, 3. Bundesliga).

Jahrzehntelang galt Marßel als Synonym für Tischtennis-Spitzensport. Das ist nun vorbei. Doch wie beurteilen Thomas Bienert und Abteilungsleiter Detlef Wendenburg die Chancen für eine Rückkehr zunächst einmal in die Regionalliga? Ihre Antwort: „Eine Damenmannschaft müsste unten anfangen, also in der Bremen-Liga, und sich mindestens sieben Jahre lang kontinuierlich nach oben arbeiten, also regelmäßig aufsteigen.“ Das ist aus heutiger Sicht nur mit einem Sponsor, wie es einst der verstorbene Heiner Lachmund war, möglich, der die Fahrt- und Unterbringungskosten der Mannschaft beglichen und Handgelder gezahlt hatte. Edo Wellmann rückblickend: „Heiner Lachmund war für die SG Marßel ein Glücksfall.“
Erhebliche Kosten

Um auf hohem Niveau Tischtennis zu spielen, müssten erhebliche Kosten für Vereinsmeldung, Reisen, Verpflegung und Übernachtung beglichen werden, erläutert Bienert. Zumal man ohne ausländische Spielerinnen kaum auskommen könne.

Die SG Marßel, so der ehemalige SGM-Manager, habe darüber hinaus jahrelang Glück mit lokalen Talenten gehabt, die er als Jugendwart und Trainer im Tischtennis-Bezirksverband Weser-Ems nach Marßel habe lotsen können. Zuletzt zum Beispiel die Bundeskader-Spielerin Faustyna Stefanska. Außerdem konnte die SGM über die Kontaktschiene zu den Tischtennis-Bundesligaspielern des SV Werder Bremen, Talente in die Landskronahalle lotsen. Dennoch, so Bienert, sei die Finanzierung jeder Spielserie eine Gratwanderung gewesen.

Detlef Wendenburg will nun versuchen, zur neuen Saison (wahrscheinlich im September 2021) eine neue Damenmannschaft in der Bremen-Liga zu melden und dafür Spielerinnen zu gewinnen. Momentan stehen bei der SG Marßel drei aktive Frauen an der Platte, die in der dritten beziehungsweise vierten Herrenmannschaft mitmischen. In der Zweiten kämpft übrigens auch Edo Wellmann um Punkte und gute Platzierungen für die SG Marßel, die rund 70 Aktive zählt und deren Aushängeschild gegenwärtig das in die Bremen-Liga aufgestiegene erste Herrenteam ist – Detlef Wendenburg traut diesem den Sprung in die Bezirksliga zu.

Aus "Die Norddeutsche" vom 25.11.2020